Aus dem Sanella-Album Australien Neuseeland

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Das Fest dauert noch zwei Tage. Immer wieder Tänze, seltsame, geheimnisvolle Beschwörungen und harte Mutproben für die schwarzen Jünglinge! Vormittags gehen die Männer auf Jagd, um Opossums, Schlangen oder einen Beuteldachs zu erlegen. Die Frauen ziehen mit langen Grabstöcken los, um die "Speisekammer" mit Erdwürmern, eßbaren Wurzeln und Insekteneiern aufzufüllen - ganz besondere Leckerbissen bei den Eingeborenen! Früher hat man sich auch schon einmal gegenseitig aufgefressen. Meistens mußten die im Kampf getöteten Feinde daran glauben; aber auch gestorbene Stammesangehörige wurden verzehrt. Die ersten Weißen, die mit den Eingeborenen in Berührung kamen - Seeleute, deren Schiff an der Küste strandete; Forscher, die gefährliche Expeditionen in das Innere des Landes unternahmen; Ansiedler, die ihr Vieh in die Jagdgründe der Eingeborenen trieben - berichteten häufig über Zusammenstöße mit menschenfressenden Wilden. Häufig machte der Hunger die Schwarzen zu Kannibalen. Wenn eine Dürre über das Land hereinbrach - es gibt Gebiete in Australien, in denen es 7 Jahre und länger nicht regnet! -, dann verschwanden die Tiere und Wurzeln. Vielleicht glaubten die Eingeborenen auch, die Klugheit und die Stärke des Toten zu gewinnen, wenn sie ihn - auffraßen! Geheimnisvoll und für uns unerklärlich ist vieles im Leben der schwarzen Ureinwohner Australiens - manches erscheint grausam und primitiv und manches klug und zweckmäßig. Denn dumm sind die Australneger nicht! Schließlich verdanken wir ihnen die Kenntnis von der Heilkraft des Eukalyptusöls, das aus den Blättern des Eukalyptusbaumes - die Eingeborenen nennen ihn Gummibaum - gewonnen wird. In meiner Klasse hatte ich ein paar schwarze Mitschüler, deren Eltern das Nomadenleben aufgegeben hatten und auf einer Station arbeiteten. Und wenn ich deren Mathematikzensuren mit meinen eigenen vergleiche, dann ... aber davon wollte ich ja gar nicht schreiben! Ich bin jedenfalls sehr froh, daß wir wieder in Sunny Lake sind; denn Beefsteak bleibt Beefsteak!

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Wir fangen Wale und machen einen 1ooo-Meilen-Ausflug

Nach ein paar Wochen kommt eine Karte von Steve: "Komme, wenn Du Lust hast, nach Perth. Großes Zeltlager der Boy=Scouts. Vater ist einverstanden. Gruß Steve!" Das ist alles. Aber ich werde in jedem Fall fahren; denn die Südwestecke von Australien wollte ich schon immer gern kennenlernen. Und ein Lager der Boy=Scouts, der Pfadfinder, ist immer eine zünftige Sache! Noch wichtiger ist, daß Klaus mitkommt! Zuerst wollte Onkel John von meinem Plan nichts wissen. Eigentlich sollte ich ja noch bis zum Beginn der Regenzeit hierbleiben. Aber schließlich war er einverstanden und Vater Werneburg auch. Ein paar Tage später stehen Klaus, Onkel John und ich am Kai von Carnarvon. Von hier aus soll es mit einem Frachter nach Perth gehen. Und wenn nicht plötzlich ein langer Mann mit gelben Ölhosen Onkel John klatschend auf die Schulter gehauen hätte - dann wären wir eine halbe Stunde später nach Perth abgedampft. Aber die gelben Ölhosen brachten alles durcheinander! Zuerst einmal ging es in eine kleine Hafenkneipe, wo Onkel John mit dem Ölhosenmann ein Wiedersehen - feierte, das sich gewaschen hatte. Und schließlich, spät abends, saßen wir alle an Bord eines Walfangbootes, wo der Ölhosenmann als Gunner, als Harpunenschütze, arbeitet. Klaus und ich hatten unseren Plan schon fix und fertig. Wir fahren nicht nach Perth, bevor wir nicht einen Wal gefangen haben! Onkel John und den Ölhosenmann bekamen wir schnell auf unsere Seite. Und nach dem siebten Whisky hielt auch der Kapitän, der später dazukam, unsere Idee für ausgezeichnet! - Wir stehen auf dem Vorschiff, neben der Harpunenkanone. Alles an Bord ist in Aufregung; denn eben hat der Ausguck die ersten Wale gemeldet. "Da ist schon wieder einer!" brüllt Klaus und stößt mich in die Seite, daß ich nach Luft schnappen muß.

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Etwa eine Meile vor uns schießt ein dünner, weißer Strahl aus dem Wasser - die mit Wasser vermischte Luft, die der Wal beim Auftauchen ausbläst. Vorsichtig, mit langsam laufender Maschine, schiebt sich unser Pott an die immer wieder auftauchenden und verschwindenden Tiere heran. Der Ölhosenmann steht neben der Harpune und beobachtet aufmerksam die Wasseroberfläche. Er schickt uns ein paar Schritte zurück. Plötzlich taucht nur zwei, drei Schiffslängen von uns entfernt langsam ein dicker, schwarzglänzender Rücken auf. Und da steigt auch schon zischend die weiße Dampfsäule empor! Bums! Fast wäre ich umgefallen - so habe ich mich über den Knall des Harpunenschusses erschrocken! Mit den Augen können wir den Flug der Harpune verfolgen. Blitzschnell wickelt sich das Seil ab! Der Kopf des Wals verschwindet. Er will gerade wieder tauchen, als ihn die Harpune erwischt. Hurra! Wir alle schreien durcheinander und winken mit den Armen! Der Wal kämpft verzweifelt.

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